YAES (Yet Another Endless Story)

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Die Immobiliensuche dauerte lange und war eine in sich ärgerliche Geschichte mit vielen Rückschlägen.

Das Haus war auf dem Online-Portal recht gut beschrieben, es waren auch einige (wenn auch schlecht auflösende und winzige) Bilder dabei; der Preis schien hinnehmbar, der Besichtigungstermin mit der Maklerin war schnell vereinbart. Schon die Fahrt durch den Ortsteil ließ jedoch Schlechtes ahnen – alles irgendwie dunkel, einen Tick heruntergekommen, ein bisschen ranzig halt.

Das Haus selbst steht am Ende einer Sackgasse, und als wir hinkamen… traf uns fast der Schlag. Es steht leidlich gerade, hat aber einige tiefe Risse – die zumindest waren an jenen Stellen erkennbar, an denen die Eternitplatten der Außenverkleidung abgefallen waren. Die Garage hinterm Haus neigt sich in einem deutlich sichtbaren Winkel nach links (ihr kennt diesen Turm in Italien? So in etwa. Nur etwas schiefer und keine Touristenattraktion.) – Grubenschäden! Dass konkret hier überhaupt Abbaugebiet war hatten wir nicht gewusst, und in der Immobilienbeschreibung hat natürlich nichts gestanden… Da störte das mannshohe Unkraut denn auch gar nicht mehr so sehr. Dann kam die Maklerin.

Um die 50, schnittig und nicht auf den Mund gefallen präsentierte sie uns das Haus sozusagen als Schloss Neuschwanstein des Saarlandes; phantastische Fliesen, drei (!) Bäder, eine Doppelgarage mit Hebebühne. Dumm nur, dass das Tor der Doppelgarage aufgrund der Schieflage kaum noch aufgeht – die Frau hängte sich mit dem vollen Körpergewicht dran und versicherte uns mit hochrotem Kopf „rein optisch, sieht nur schief aus, steht aber wie ‘ne Eins!“. Meine Frage, ob sie denn auch Statikerin sei, beantwortete sie mit wütenden Blick – und nein, Freude wurden wir auch im weiteren Verlauf der Besichtigung nicht.

Wir erkannten recht schnell die hohlen und gebrochenen phantastischen Fliesen im Flur, und das größte der drei modernen Bäder war mit geschätzten fünf Quadratmetern sozusagen nur unwesentlich größer als der Teppich, der in unserem jetzigen Bad liegt. Das kleinste der Bäder hatte das Format einer (schmutzigen) Briefmarke, ein blindes Dachfenster, und allen drei Bädern war ein anheimelndes Gussrohr im Format einem menschlichen Torsos gemein, das in den Ecken der Räume schräg herausragte und mit abblätternder Raumfarbe überstrichen war.

Nicht gelogen hatte die Beschreibung mit der Angabe „Fenster neuwertig“ – verschwiegen hatte sie jedoch, dass sie

  • nicht zusammenpassten (Alu-, Holz- UND Plastikfenster an einer Hausfassade, das muss man sich mal reinziehen!) und
  • noch nicht alle eingebaut waren – einige lehnten im Keller an der Wand…

Wenig erwähnenswert war der Maklerin auch erschienen, dass es sich beim „Anbau“ lediglich um zwei Balkone handelte, die mit billigen Fenstern und einem Wellblech-Dach verbunden worden waren… Von Isolierung natürlich keine Spur. Die Teppiche ranzig, die Deckenplatten fielen von den Decken, die Tapeten lösten sich bahnenweise, die Elektrik aus der Zeit Karl des Großen (Porzellanknöpfe!) und der Außenbereich ein Fall für Tine Wittler. Un-er-träg-lich!

Und mich macht das wütend. Dass diese Immobilien derart beschönigend beschrieben werden, man nimmt die Fahrtstrecken im überhitzten Auto mit nöligem Baby auf sich, und wofür das Ganze? Für nichts und wieder nichts. Und nicht nur einmal: da war der Altbau (der in Ordnung war) mit dem Anbau aus den 70ern, bei dem das Dach undicht und in Folge die Decken angefault waren; das Haus mit dem unbenutzbaren und feuchten Felsenkeller; das mit dem Klo ohne Tür im Keller, wo jede Menge Bilder von Lady Di mit vergilbten Tesastreifen an der Wand klebten; das mit der überdimensionierten SAT-Anlage („Die würde auch drin bleiben!“), die jeden Raum – auch die Toiletten und Bäder – mit Fernsehempfang versorgte; das mit der schimmelüberzogenen Kellerwand, die „vielleicht ein bisschen feucht sein könnte“; die Bauruine mit dem Garten, der aussah wie nach einem Bombenangriff („Aber der Netzwerkschrank im Keller ist neu!“); das, bei dem sich der „großzügige Carport für drei Fahrzeuge“ als selbstgebauter Nut-Und-Federbrett-Horror mit faulendem Kunstrasen (!) entpuppte…

… und selbst wenn die Immobiliensuche gelingt, man dann ein Haus findet, bei dem alles passt – Lage, Preis, Größe, Raumaufteilung, technischer Stand – ist nicht gesagt, dass man dann fröhlich sein könnte. Dann geht es plötzlich um „mehrere Interessenten für eine Immobilie“, um Preistreiberei, Leute entscheiden sich um oder dagegen oder ziehen ihr Angebot gar vollständig zurück – es ist grausig. Jeder 2,50EUR-T-Shirt-Kauf im Internet ist übersichtlicher und besser abgesichert als sowas. Grrrr.

Alle Bilder dieser Seite: © Marianne Spiller – Alle Rechte vorbehalten
Hintergrundbild: 2173x 2173px, Bild genauer anschauen – © Marianne Spiller – Alle Rechte vorbehalten

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